Der Flaggschiff-Frühling 2020 hat uns einige sehr interessante High-End-Smartphones gebracht. Darunter: die P40-Serie mit dem aktuellen Top-Gerät P40 Pro; in der zweiten Hälfte des Jahres kommt noch das P40 Pro+. Alle kommen ohne Google-Dienste. Kann Huawei trotzdem überzeugen? Das P40 Pro im Test.
- Erster Eindruck
- Verarbeitung und Design
- Huawei P40 Pro Kamera
- Display und Performance
- Ausstattung lässt kaum Wünsche offen
- Fazit
Irgendwie kann einem Huawei ja leidtun. Eine jahrelange Erfolgsgeschichte liegt hinter dem chinesischen Hersteller, der mit vergleichsweise günstigen Smartphones mit Bestmarken bei den Kameras überzeugen konnte und so international viele Herzen von Smartphone-Fans eroberte. Doch dann kam der Handelsstreit zwischen den USA und China – und Huawei ist mittendrin. Lizenz-Entzug durch Google, keine Google Mobile Services (GMS) mehr auf neuen Huawei-Smartphones.
Jetzt tritt Xiaomi an Huaweis Stelle – die auch starke Smartphones mit Top Preis-Leistungs-Verhältnis auf den Markt bringen. Aber bei der Fotografie gibt Huawei immer noch den Ton an, das zeigt auch wieder die P40-Serie, die schon einige Preise für ihre Kamera-Technik abgeräumt hat.
Trotzdem ist die Konkurrenz hart: Mein Kollege Markus schaut sich gerade das Xiaomi Mi 10 an und war von den Schnappschüssen mit dem Samsung Galaxy S20 Ultra schon recht angetan – es wird wohl ein enges Rennen in Sachen beste Smartphone-Kamera. Werfen wir mal einen Blick auf das P40 Pro.
Erster Eindruck des Huawei P40 Pro
Schon im ersten Hands-on konnte mich das neue Huawei-Flaggschiff um den Finger wickeln. Doch erstmal von vorn. Bei der Verpackung kommt das P40 Pro in einem schicken weißen Karton, ansonsten fährt Huawei hier einen eher pragmatischen Weg – im Inneren liegt direkt das P40 Pro in seiner schützenden Verpackung; kein ausgefeiltes Kartonsystem, kein zusätzlicher Pappschuber oder ähnliches.
Was allerdings direkt auffällt: Der ganze Karton ist ziemlich schwer. Das Huawei P40 Pro ist mit seinen 209 Gramm tatsächlich kein Fliegengewicht, mit Blick auf das große Kamera-Setup ist das aber nicht verwunderlich. Tatsächlich ist es sogar etwas leichter als das Galaxy S20 Ultra, das gleich mit 220 Gramm auf die Waage drückt.
Allerdings ist das P40 Pro bei der Größe eher mit dem S20+ zu vergleichen, das 186 Gramm wiegt. Denn das mittlere Galaxy-Flaggschiff kommt mit einer Displaydiagonale von 6,7 Zoll, das große P40 misst 6,58 Zoll. Zudem bekommen wir ja noch in der zweiten Jahreshälfte 2020 das P40 Pro+ – insofern ist das P40 Pro auch das in der Mitte stehende Modell der Reihe. Oder wie Kollege Felix das S20+ nannte: das "Sandwich-Handy".
Verarbeitung und Design Oberklasse
Die Verarbeitung des P40 Pro ist einem High-End-Flaggschiff würdig. Da gibt es keine störenden Elemente, Ecken oder Kanten – alles wirkt wie aus einem Guss. Besonderheit beim P40 Pro ist das an allen Seiten gekrümmte Display, sodass ihr den Eindruck vermittelt bekommt, das Smartphone bestünde tatsächlich nur aus Display. Das macht es allerdings auch ein bisschen rutschiger – noch rutschiger als es Flaggschiffe vorher schon waren. Auf der Vorderseite erinnert noch das pillenförmige Punch-Hole oben links daran, dass es neben Display noch mehr gibt.
Und mehr befindet sich auf der schicken Glasrückseite – die es übrigens auch in matten Varianten gibt; Fingerabdrücke gehören dort der Geschichte an. Zurück zum Entzücken auf dem Rücken: Ja, das Kamera-Setup ist mächtig und das Smartphone kippelt auf dem Tisch, wenn ihr keine Hülle nutzt. Aber es schindet schon rein optisch mächtig Eindruck.
Zum einen ist das rechteckige Modul in den gleichen Proportionen wie das Smartphone gehalten, das wirkt stimmig. Mit den bekannten Leica-Schriftzug und den Angaben zu den Kameralinsen erinnert auch das P40 Pro offensiv daran, dass es Digitalkameras überflüssig machen will. Das wirkt schon von außen überzeugend: Blickt ihr in den Sensor in der eckigen Aussparung ganz unten, wirkt dieser enorm tief.
Huawei P40 Pro: Kamera mit Wow-Effekt
Auch wenn die Megapixel-Zahlen des P40 Pro Kamera-Setups nicht dreistellig sind: Beeindruckend liest sich das Ganze allemal. Ihr bekommt eine Quad-Kamera mit 50 Megapixel (MP) Hauptlinse inklusive optischem Bildstabilisator (OIS), die auch im Huawei P40 und P40 Pro+ verbaut ist beziehungsweise verbaut sein wird. Dann gibt es noch die Weitwinkellinse mit 40 MP und das 12-MP-Teleobjektiv, bei dem ebenfalls ein OIS für wackelfreie Aufnahmen sorgen soll. Rund wird das Setup durch einen Tiefensensor.
Bei der Frontkamera bekommt ihr 32 MP plus einen Tiefensensor für Bokeh-Effekt und Gesichtserkennung – daher ist das pillenförmige Punch Hole notwendig. Und die Ergebnisse? Bei schwachem Licht zeigen sich die besonderen Stärken der Kamera – denn hier braucht es eigentlich gar nicht erst den Nachtmodus. Die Linse fängt schon so genug Licht ein, und die Atmosphäre der Dunkelheit wird ohne digitale Nachbelichtung eingefangen, die genau diese Stimmung etwas verfälscht weitergibt.
Im Vergleich zu den neuen Zoom-Möglichkeiten kann das P40 Pro nur die Hälfte des S20 Ultra: Bis zu 50-fache Vergrößerung ist hier drin. Allerdings ist schon das beeindruckend, zumal der Schnappschuss nicht ganz so ruhige Hände braucht wie es beim 100-fach-Zoom anderer Geräte notwendig ist. Trotzdem ist das natürlich ziemlich unscharf. Bis zum 10-fach-Zoom geht das Ergebnis aber auf jeden Fall klar.
Neben den satten Ergebnissen der Hauptkamera hat mich das Ergebnis beim Zoom auf den Supermond am 7. April regelrecht umgehauen. Wahrscheinlich steckt hier ganz viel Softwarearbeit dahinter und der Mond ist als Motiv auch bekannt, sodass mithilfe digitaler Nachbearbeitung das Bild durch Verrechnung der Mondoberfläche scharfgestellt werden kann. Dennoch: So detailreich, wie ich den Mond an diesem Abend abgelichtet habe, konnte ich ihn nicht mal mit bloßem Auge erkennen.
Auch sonst arbeitet die KI im Zusammenspiel mit der Kamera richtig gut. Nehme ich Blumen ins Visier, bekomme ich ein Foto mit satten Farben und maximaler Tiefenunschärfe. Um die untergehende, aber immer noch blendende Sonne aufzunehmen, wird die Überblendung weggerechnet, die im "Landschaft"-Modus direkt gegen die Sonne doch etwas aussieht wie ein Feuerball am Horizont. Doch seht selbst:
Display mit kleiner Schwachstelle – Performance gut
Beim Display bekommt ihr ein OLED mit einer Auflösung von 2.640 x 1.200 Pixel (FullHD+), bei 6,58 Zoll ergibt das eine Pixeldichte von rund 441 ppi. Wie andere Hersteller auch, bietet Huawei beim P40 Pro eine Bildwiederholfrequenz von 90 Hertz an, was aber auch den Akku etwas stärker belastet.
Das liest sich alles top und sieht auch super aus – im Vergleich zu Samsung hinkt das P40 Pro allerdings hinterher. Beim ähnlich großen S20+ gibt es eine Pixeldichte von 525 ppi, gleich 120 Hertz Bildwiederholrate und eine bessere Helligkeit. Besonders letzteres ist nämlich eine kleine Schwachstelle beim P40 Pro.
Auch beim Arbeitsspeicher liegt das P40 Pro mit 8 Gigabyte (GB) hinter der S20-Serie, die mit 12 GB bis 16 GB beim Ultra kommt. Der leistungsstarke Kirin 990 5G, der die Arbeitslast auf acht Kerne verteilen kann, konnte das im Test allerdings sauber kompensieren. Für Daten habt ihr 256 GB Platz.
Huawei P40 Pro lässt bei der Ausstattung kaum Wünsche offen
Auch sonst hat das Flaggschiff alles zu bieten, was ihr heute von einem 1.000-Euro-Smartphone erwarten könnt. Der 4.200 Milliamperestunden große Akku bringt euch durch den Tag und wird dank mitgeliefertem 40-Watt-Schnellladenetzteil in gut anderthalb Stunden schnell komplett geladen. Wie schnell das tatsächlich ist, will euch Huawei wissen lassen: Denn beim Ladevorgang rasen die Akkuprozente auf dem Display in Windeseile hoch – der Hersteller gibt dabei sogar die Nachkommastellen mit an. Auch kabelloses Laden funktioniert bis zu 27 Watt.
Per Hybrid-Slot könnt ihr entweder Dual-SIM oder mit einer Huawei NM-Card den Speicher erweitern, aber auch eSIM ist möglich, sodass ihr auf beides nicht verzichten müsst. 5G gibt es sowieso bei der P40-Reihe, das P40 Pro ist sogar IP68 zertifiziert und vor Staub und Wasser geschützt.
Es gibt alle notwendigen Schnittstellen auf aktuellem Stand wie Bluetooth 5.1, WLAN mit Wi-Fi 6 Unterstützung, NFC und USB-C. Was ihm – erwartungsgemäß heutzutage – fehlt, ist eine 3,5 mm Klinkenbuchse. Kopfhörer mit USB-C-Anschluss liegen allerdings in der Packung. Dafür gibt es den Fingerabdrucksensor im Display, der schnell und zuverlässig reagiert.
Schwerwiegender als der fehlende Kopfhöreranschluss sind allerdings die nicht vorhandenen Google-Dienste. Ja, es kommt mit Android 10, da das Google-Betriebssystem grundsätzlich Open Source ist. Doch das ganze Paket bekommt ihr nicht. Zwar könnte ihr einige Google-Apps herunterladen und die fehlende Vielfalt an Apps in der Huawei AppGallery durch APK-Dateien kompensieren. Aber an das bekannte und zuverlässige Angebot der GMS kommt das alles nicht heran.
Huawei P40 Pro im Test: Top Kamera-Smartphone mit entscheidendem Makel
Das neue Flaggschiff des chinesischen Herstellers weiß zu überzeugen. Schickes Design, saubere Verarbeitung, starke Performance und eine der aktuell besten Smartphone-Kameras – wenn nicht sogar die beste überhaupt, selbst wenn ihr auf den 100-fach Zoom verzichten müsst.
Es wäre ein interessantes Kräftemessen zwischen dem P40 Pro und den 108-Megapixel-Monstern von Samsung und Xiaomi – doch so wirklich in den Ring schicken können wir Huawei nicht. Die fehlenden Google-Dienste sind einfach ein zu starkes Handicap für die vielversprechende Hardware des Flaggschiffs. Und so leid es mir tut – in der Preisklasse bekommt ihr mit dem Galaxy S20+ oder dem Xiaomi Mi 10 einfach zwei Smartphones, die vielleicht in manchen Punkten weniger stark als das P40 sind, in Sachen Handhabung eben durch das Vorhandensein der GMS den Kampf recht einfach für sich entscheiden können.
Wollt ihr allerdings Google sowieso den Rücken kehren und legt mehr Wert auf Smartphone-Kamera als App-Vielfalt, könnte das P40 Pro das Richtige für euch sein. Und für diejenigen, die auf Google-Apps nicht verzichten wollen – ein paar Möglichkeiten gibt es ja. Wer weiß, vielleicht gelingt dem Huawei P40 Pro ja doch noch ein kleiner Überraschungserfolg in der zehnten Runde.
Testwertung: Huawei P40 Pro
- Kamera der Superlative
- Design und Verarbeitung
- Bei der Ausstattung kaum Leerstellen
- Keine Google-Dienste
- Display nicht ganz auf Konkurrenz-Niveau
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BetriebssystemAndroid 10 mit EMUI 10 ohne Google Play Services
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Prozessor: NameKirin 990
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Prozessor: Taktung2x2.86 + 2x2.36 + 4x1.95 Ghz
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Prozessor: Anzahl Kerne8
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Speicherkapazität128,256,512 GB
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Arbeitsspeicher8 GB
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Kamera-Auflösung: Back50 / 12 / 40 / Tiefensensor Megapixel
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Kamera-Auflösung: Front32 Megapixel
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Bildschirmdiagonale6.58 Zoll
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Auflösung Höhe2640 Pixel
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Auflösung Breite1200 Pixel
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GrafikchipMali G76
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Display TechnologieOLED
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Display Pixeldichte441 ppi
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Schnittstellen/AnschlüsseUSB-C
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Feature: Bluetooth
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Feature: WLAN
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Feature: NFC
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Feature: GPS
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Feature: GPRS/EDGE
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Feature: UMTS
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Feature: LTE
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Feature: Erweiterbarer Speicher
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Feature: Dual-SIM
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Feature: Fingerabdruckscanner
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Akkuleistung4200 mAh
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Höhe158.2 mm
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Breite72.6 mm
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Tiefe9 mm
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Gewicht209 g
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StatusErhältlich