Nokia, Motorola und Co.: Wer wirklich hinter den bekannten Marken steckt

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(© 2017 CURVED )

Früher dominierten sie den Markt der Mobiltelefone, heute sind sie nur noch ein Schatten ihrer selbst: Große Marken wie Nokia, Motorola oder Blackberry sind durch viele Hände gegangen – doch für manche ist es eine zweite Chance.

In der Technikbranche gilt seit jeher das Recht des Stärkeren. Entweder durch pure Verdrängung oder durch Akquise. Häufig gehen dadurch nicht nur Mitbewerber unter, sondern auch gleich die damit verbundenen Marken. Manche Markennamen bestehen bis heute. Aber dahinter steckt längst nicht mehr die Firma, die sie einst ins Leben rief.

Nokia

Fast 15 Jahre war Nokia, einst ein finnisches Unternehmen, Marktführer unter den Mobiltelefonherstellern. Doch als Mitte der 2000er Jahre die ersten Smartphones erschienen, schien Nokia nicht so recht zu wissen, wie man auf die Veränderungen reagieren sollte. Apple und Samsung hatten die Finnen schnell an der Spitze abgelöst, weil das klassische Handy als Massenprodukt vom Smartphone aus der Nische heraus sukzessive verdrängt wurde. Die Konsequenz: 2011 ging Nokia eine Allianz mit Microsoft ein. Gemeinsam mit den Redmondern wollte das strauchelnde Unternehmen im Smartphone-Segment Fuß fassen. Ausgestattet mit dem Betriebssystem von Microsoft, Windows Phone, präsentierte Nokia im Herbst 2011 das Lumia 800.

Das Ende des Namens unter Microsoft

Keine drei Jahre später akquirierte Microsoft die Mobilfunksparte von Nokia. Das finnische Unternehmen wollte sich ab dem Zeitpunkt vorrangig um seinen Kartendienst "Here" und um das Netzwerkgeschäft kümmern. Im Oktober 2014, ein halbes Jahr nach der Übernahme, kündigte Microsoft an, die Smartphones fortan nicht mehr unter dem Namen "Nokia Lumia", sondern unter "Microsoft Lumia" zu vertreiben. Nur die weniger relevanten Produktserien "Asha", "X" und "S40/S30" liefen weiterhin unter dem Nokia-Logo.

Die Auferstehung unter HMD Global

Im Frühjahr 2016 verkaufte Microsoft schließlich die Exklusivrechte an dem Namen "Nokia" an die neu gegründete, finnische Firma HMD Global. Ende 2016 verabschiedete sich Microsoft mit dem Lumia 950 und dem 950 XL schließlich aus dem Smartphone-Markt, wodurch die Nokia-Markenrechte an Nokia zurückgingen. Nokia indes, die bereits 2015 einen Wiedereinstieg in den Mobilfunkbereich angekündigt hatten, wollten nach Ablauf der vereinbarten Sperrfrist nun selbst wieder in den Smartphone-Markt einsteigen. Allerdings nicht mehr eigenständig, sondern als Lizenzmarke mit Partnern, namentlich HMD Global.

Das ebenfalls im finnischen Espoo beheimatete Unternehmen wurde von früheren Nokia-Managern gegründet, allerdings ist Nokia nicht finanziell an HMD beteiligt. Obwohl sich die neuen "Nokia-"Smartphones lediglich des Namens des ehemaligen Marktführers bedienen, wissen die Geräte durchaus zu überzeugen. Im Test fielen das 3310 darf hingegen eher als Fan-Service verstanden werden.

Mit dem Nokia 6 feierte zumindest der Name "Nokia" 2017 ein Comeback. (© 2017 CURVED)

Alcatel

Über 100 Jahre existierte die französische Firma Alcatel bereits, bis sie am 1. Dezember 2006 schließlich aufgelöst wurde. Während das Unternehmen selbst nicht mehr besteht, ist der Name "Alcatel" weiterhin präsent und wird von den Rechteinhabern bis heute für die jeweiligen Geschäftsfelder verwendet. So auch im Bereich der Mobiltelefone. Schon 1998 fing Alcatel an, Handys zu bauen. 2004 schließlich lancierte die eigentlich auf Telekommunikation spezialisierte Firma Alcatel eine Zusammenarbeit mit TCL, um fortan Mobiltelefone unter dem Brand "Alcatel One Touch" herauszubringen. Schon ein Jahr später kaufte der chinesische Großkonzern die restlichen 45 Prozent Anteile auf und beendete damit das Joint Venture.

TCL baut Alcatel-Smartphones – und Nokia verdient mit

Sämtliche seither unter dem Markennamen erschienene Mobiltelefone und Smartphones, zum Beispiel das Alcatel A7, stammen zu 100 Prozent von TCL. Doch de facto besitzt auch das chinesische Unternehmen nur die Nutzungsrechte an dem Warenzeichen "Alcatel" – und das auch nur noch bis 2024. Denn tatsächlich gehören sämtliche Markenrechte inzwischen ausgerechnet Nokia, das an jedem verkauften Alcatel-Smartphone mitverdient.

Das finnische Unternehmen, das selbst gar keine Smartphones mehr herstellt, hatte 2016 Alcatel-Lucent aufgekauft und damit auch die Marke "Alcatel" erworben. Die Rechte daran lagen nämlich zum Zeitpunkt der Akquise noch bei dem französischen Netzwerkausrüster. Alcatel-Lucent ging 2006 ebenfalls aus einem Joint Venture zwischen dem französischen Unternehmen und dessen amerikanischen Konkurrenten Lucent Technologies hervor. Ihr Fachgebiet war die Telekommunikations- und Netzwerkausrüstung.

TCL baut inzwischen die Smartphones unter dem "Alcatel"-Branding. (© 2017 CURVED)

Blackberry

Auch Blackberry hat das Schicksal vieler Mobiltelefonentwickler ereilt. Die Kurzlebigkeit im Bereich der Mobilkommunikation hatte den Kanadiern das Leben schwer gemacht, als sich 2007 mit dem iPhone und anderen Smartphones ein Wandel bemerkbar machte. Ihr erstes Mobiltelefon hatte Blackberry 1999 vorgestellt. Damals noch unter dem Firmennamen Research in Motion, kurz RIM. Das erste Smartphone präsentierte RIM 2002 mit dem Blackberry 5810. Blackberry ist vor allem für seine physische Tastatur bekannt. Außerdem legte die Firma seit jeher einen hohen Wert auf Sicherheit. Damit war es vor allem bei Geschäftsleuten sehr beliebt. Als Betriebssystem kam lange eine Eigenentwicklung auf den Mobilfunkgeräten zum Einsatz. Angefangen mit Blackberry OS, das 2011 durch Blackberry 10 ersetzt wurde.

TCL baut jetzt die Hardware

Allerdings half auch die Neuausrichtung in Richtung Privatanwender nichts gegen die wachsende Konkurrenz seitens Apples iOS und Googles Android. 2015 schließlich verabschiedete sich Blackberry von ihrem OS und setzte stattdessen auf Android. Als erstes Smartphone mit Googles Betriebssystem brachte man Ende 2015 den KeyOne ist dem Design nach ganz und gar ein Blackberry. Kein Wunder, immerhin stammt das Design noch von den Kanadiern selbst.

Und noch einmal TCL: Beim KeyOne hat Blackberry nur noch das Design beigesteuert. (© 2017 CURVED)

Motorola

Motorola, ebenfalls ein Traditionsunternehmen, hat einige wendungsreiche Jahre hinter sich. Dabei zählte Motorola lange Jahre zu den Pionieren im Bereich der Mobiltelefone. 1973 hatten sie den ersten Prototypen eines tragbares Telefons vorgestellt. Doch schon 1998 zeichnete sich ab, was knapp 20 Jahre Realität ist: Nokia überholte den einstigen Primus als größten Anbieter von Mobiltelefonen. Daran konnte auch der Erfolg des 2003 vorgestellten Klapptelefons, des Motorola Razr, nichts ändern. Schon dessen Nachfolger reichten bei den Verkaufszahlen nicht mehr an das Original heran.

Erst Google ...

Im Januar 2011 änderte Motorola seine Unternehmensstrategie und spaltete den Privatanwenderbereich als Tochterunternehmen ab. Das daraus hervorgegangene Motorola Mobility kümmerte sich fortan unter anderem um den Smartphone-Bereich. Ende 2011 kündigte Google an, Motorola Mobility kaufen zu wollen. Mit der Akquise verloren 4000 Angestellte von Motorola Mobility ihre Jobs. Unter Googles neuer Flagge produzierte Motorola vornehmlich, aber nicht ausschließlich, Einsteiger-Smartphones wie die Moto-E- und Moto-G-Serie.

... dann Lenovo

Keine drei Jahre später stieß Google die Smartphonesparte rund um Motorola Mobility ab und verkaufte sie an den chinesischen PC-Hersteller Lenovo. Die meisten Patente blieben jedoch bei Google. Anfang 2015 zweitveröffentlichte Motorola Mobility seine Produktlinie, die unter Google entstanden war, in China, unter anderem das Moto X, das Moto G LTE und das Moto X Pro (ein neu gebrandetes Moto X Style. Den Ansatz, ein möglichst aufgeräumtes Stock-Android als Basis zu verwenden, behielten sie weiterhin bei. Darüber hinaus konzentrierten sie sich in ihrer Neuausrichtung nicht mehr nur auf Entwicklungsländer, sondern auch auf Industriestaaten, in denen sie die Geräte möglichst an Providern vorbei an den Endkunden bringen wollten.

Die Marke "Moto" als Zugpferd

Einen Monat später verkündete Lenovo, dass Motorola Mobility neben ihren eigenen "Moto"-Produkten fortan auch die Lenovo-eignen Smartphones bauen werde, unter anderem die "Vibe"-Serie. In der Folge wurden über 3000 Angestellte entlassen. Die Idee war, die "Moto"-Telefone eher im High-End-Bereich zu positionieren, während "Vibe" eher auf preisbewusste Käufer abzielte, der Name "Motorola" sollte dafür gänzlich verschwinden. Doch schon die einsteigerfreundlichen "Moto G"- und die "Moto E"-Reihe zeigten, dass der Plan nicht aufging. Ende 2016 entschied sich Lenovo deshalb, alle zukünftigen Smartphones, z.B. das Moto G5s, unter dem Markennamen "Moto" zu firmieren.

"M" und "Moto" bleiben als Marke auch unter Lenovo erhalten. (© 2017 CURVED)

Fallen euch noch weitere ehemals bekannte Marken ein, die heute nur noch als Name existieren? Lasst es uns in den Kommentaren wissen. 

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