Ein neues Smartphone kaufen? Das war bislang eher eine Frage des Geldes und des persönlichen Geschmacks. Seit der Chip-Krise ist aber auch die Zeit ein wichtiger Faktor geworden. Häufig ist es nämlich gar nicht mehr so einfach, beliebte Modelle großer Hersteller zu ergattern. Wer ein bestimmtes Flaggschiff will, muss schnell sein. Denn: Sie leiden zwar leise und im Stillen, doch besonders Samsung und Apple hat die volle Härte der Chip-Knappheit getroffen. Dafür gibt es mehrere Anzeichen.
Beliebte Samsung-Modelle schwer erhältlich
Da lief etwas schief: Neulich hat sich ein Kollege für ein Galaxy S21 Ultra (hier geht's zum Test) entschieden. Dieser kam letztendlich mit der Frage nach einer Alternative auf mich zu. Die Lieferzeit für das Flaggschiff betrug nämlich gleich mehrere Wochen laut Provider.
Aber das gilt nicht nur für den Kauf mit Vertrag: Wer häufiger die bekannten Shops ansteuert, wird wissen, dass es bei vielen Händlern nicht besser aussieht. Zum Zeitpunkt dieses Artikels ist das S21 Ultra auf Amazon beispielsweise komplett vergriffen, das S21+ in frühestens 1-2 Monaten versandfertig. Direkt verfügbar sind die Handys dann teils nur noch über Drittanbieter – häufig zu überhöhten Preisen.
Oder erinnert ihr euch noch an das Galaxy A52? Das ist der prophezeite Bestseller von Samsung für 2021, der mittlerweile komplett ausverkauft ist. Nachdem es immer wieder Probleme mit der Verfügbarkeit gab, zog das Unternehmen offenbar komplett den Stecker. Stattdessen gibt es nun ein neues Modell: da Galaxy A52s. Dieser setzt auf einen anderen Chipsatz. Wir können hier nur mutmaßen, doch womöglich ist dieser Chip einfach breiter verfügbar als der SoC, den Samsung noch im ersten A52 nutzte. Zumindest ist dies laut Gerüchten der Fall gewesen.
Lieferzeiten bei Apple: Eine Katastrophe
Wir beobachten ähnliches auch bei Apple. Selbst im CURVED-Shop war das iPhone 12 kurzzeitig nicht mehr verfügbar, da viele Leser sich offenbar für dieses Modell interessierten. Blicken wir erneut zum Versandriesen Amazon: In der beliebten Farbe Blau gibt es das Handy hier erst wieder in ein bis zwei Monaten. Die schwarze Variante erst wieder im November. Immerhin: Die Pro-Varianten sind noch in ausreichenden Stückzahlen erhältlich.
Das frisch im Handel erschienene iPhone 13 (Pro) hat es noch härter erwischt. Klar: Üblicherweise sind neue Apple-Smartphones zu Release immer schnell vergriffen. In diesem Jahr ging es jedoch besonders schnell und zumindest die Apple Stores in Hamburg sind ebenfalls so gut wie leergefegt. Vor November 2021 könnt ihr hier offenbar nicht mit dem iPhone 13 Pro rechnen. Kurz: Die Verfügbarkeitslage ist noch schlimmer als wir es aus den letzten Jahren kennen. Und selbst bei Amazon müsst ihr sogar auf das günstigere iPhone 13 derzeit ein bis zwei Monate warten. Puh!
Glaubt man der Gerüchteküche, kam aber auch diese eingeschränkte Verfügbarkeit mit Ansage. Angeblich warnte Tim Cook Investoren bereits im Juli 2021 und sprach von Einschränkungen in der Lieferkette. Ob die Chip-Krise auch den Release der Apple Watch Series 7 beeinflusst hat, ist hingegen unklar. Es wäre zwar denkbar, doch angeblich führten hier ganz andere Probleme zu einer langsamen Produktion. Immerhin: Mittlerweile hat das Unternehmen einen Release-Termin nachgeliefert.
So kam es zur Chip-Knappheit
- Betroffen von der Chip-Knappheit sind viele Branchen. Denn Chips kommen bekanntlich nicht nur in Smartphones, Computern und Spielekonsolen zum Einsatz. Auch die Automobilindustrie leidet beispielsweise unter der Knappheit. An zahlreichen Orten stehen die Produktionsbänder deshalb sogar stellenweise still.
- Laut Zeit Online haben mehrere Gründe zur Knappheit geführt. Darunter auch die gestiegene Nachfrage an Computern und Smartphones zu Beginn der Corona-Krise in 2020. Für viele Nutzer markiert dieser Zeitpunkt nämlich auch den Beginn einer langen Homeoffice-Phase. Und dadurch war der Bedarf an Chips auch höher als gewöhnlich.
- Gleichzeitig verringerte sich wohl die Nachfrage an neuen Fahrzeugen – nur um plötzlich später im Jahr wieder zu steigen und so einen noch höheren Chip-Bedarf zu erzeugen. Die Hersteller orderten deshalb zuerst weniger Chips, später dann mehr. Aber zu dem Zeitpunkt waren die Kapazitäten der Fabriken anderweitig verplant. Die Nachfrage an Chips damit höher als das Angebot.
- Die Fabriken, die für den Nachschub an Mikrochips sorgen, standen während der Corona-Krise teilweise still oder produzierten mit verringerter Kapazität; unter anderem wegen hoher Infektionszahlen. Auch das führte zur Knappheit.
Heimliche Absagen und Verschiebungen
Was die Chip-Knappheit mit der Smartphone-Branche macht, zeigen uns Leaks auch mit Bezug auf noch unveröffentlichte Highlight-Modelle. Eigentlich hatten wir schon aufgrund der Chip-Knappheit eingestellt worden ist.
Aber Totgeglaubte leben bekanntlich länger. Auch kommt das Smartphone nämlich doch. Aber Samsung wird das günstige Top-Modell wohl erst Anfang 2022 enthüllen – wohl ebenfalls aufgrund der Chip-Krise und einer deshalb schleppenden Produktion.
Auch das kommende Galaxy S22 hat es hier angeblich erwischt. Der laut Leaks für Januar 2022 (oder Dezember 2021) geplante Start wurde wohl ebenso verschoben. Samsung wolle sicherstellen, dass genügend Mengen für den Marktstart vorhanden sind. Frühestens im Februar sei es nun so weit, berichtet SamMobile.
Das war abzusehen: Keine Extrawurst bei Chips
Seien wir einmal ehrlich: In den Nachrichten lesen wir vielfach von Automobilherstellern, die ihre Werke für Wochen oder noch länger stilllegen – da sie einfach nicht genügend Chips zur Produktion haben. Und jeder CURVED-Leser dürfte mitbekommen haben, dass auch die PlayStation 5 seit knapp einem Jahr extrem schwer erhältlich ist. Wieso sollte die internationale Chip-Krise also die großen Smartphone-Hersteller verschonen? Sie mache daraus zwar keine große Sache. Doch auch hier zeigen sich starke Auswirkungen.
Was bedeutet das nun für euch? Ihr solltet in der Regel eure Überlegungszeit bis zum Kauf eines neuen Smartphones verkürzen. Gerade wenn es ein beliebtes Modell ist, könnte es ansonsten schnell ausverkauft sein – oder ihr wartet im Ansatz so lange auf euer Handy wie ich gerade auf meinen Neuwagen. Wobei ich mit einer Lieferzeit von knapp 3 Monaten noch sehr viel Glück hatte.
Außerdem: Aufgrund der Knappheit verlangen Hersteller wie TSMC (stellt u.a. Chipsätze für Apple, Qualcomm und Nvidia her) höhere Preise für SoCs. Nikkei Asia zufolge sei ein größerer Preissprung schon geplant. Und das könnte im schlimmsten Fall auch den Preis für Smartphones nach oben schrauben.
Wann kommt das Ende der Chip-Knappheit?
Es bleibt zu hoffen, dass 2022 irgendwann ein Ende der Chip-Knappheit absehbar ist. Wir möchten gar nicht wissen, wie viele neue Smartphone-Releases hinter verschlossenen Türen schon verschoben oder gar komplett gekippt worden sind. Außerdem ist es furchtbar nervig, wenn das Wunsch-Modell nur mit langer Wartezeit erhältlich ist.
Experten aus der Automobil- und Computerhardware-Branche gehen davon aus, dass uns die Chip-Knappheit noch mindestens bis ins zweite Halbjahr oder gar Ende 2022 begleiten wird. Erst dann soll sich die Lage langsam wieder entspannen. Bis dahin heißt es also: schnell sein – oder warten.