Ist die Zeit der großen Smartphone-Innovationen vorbei? Dieses Jahr waren sich die Topsmartphones erschreckend ähnlich. Echte Neuerungen waren die Ausnahme, häufig beschränkten sie sich zudem auf sinnlose Gimmicks. Und die Nutzer? Die hoffen eigentlich auf eine ganz einfache Verbesserung.
Ist das Smartphone auserzählt? In diesem Jahr fühlten sich die meisten Smartphones irgendwie schon bekannt an. Klar, es gab trotzdem tolle Geräte. Mit dem Galaxy S6 Edge konnte Samsung etwa einen echten Design-Knaller vorlegen, der mit LG G4 und iPhone 6s zudem Smartphone-Kameras in zuvor ungekannte Qualitätsdimensionen brachte. Das Edge-Display war allerdings in erster Linie tolles Design, verbunden mit beeindruckender Ingenieursleistung. Echten Nutzen hatte es nicht.
Innovation ohne Mehrwert
Ähnliches lässt sich auch über die Smartphone-Innovationen der anderen großen Hersteller sagen. Ob die “Knuckle-Sense-Technologie” bei Huawei oder LGs zweites Display beim LG V10: Ja, beides ist irgendwie innovativ. Wirklicher Mehrwert? Fehlanzeige. Das Smartphone revolutionieren werden die beiden Technologien daher wohl nicht.
Oft bleibt es bei Veränderungen im Detail. Ob der Fingerabdruck-Scanner hinten ist wie bei Huawei oder den neuen Google-Smartphones Nexus 6p und Nexus 5x oder vorne wie beim Galaxy S6, macht keinen echten Unterschied. Klar, es ist beeindruckend, dass Sony den Sensor beim Xperia Z5 in den Einschaltknopf gequetscht bekommen hat. Die Smartphone-Welt hat der Konzern so aber nicht ernsthaft vorangebracht.
Features kommen und gehen
Eines der bei den Herstellern beliebtesten Features aus dem letzten Jahr ist bereits wieder weitgehend verschwunden. Während 2014 eine große Anzahl der Flagschiffe wasserdicht war, hält dieses Jahr nur noch Sony daran fest - und warnt trotzdem davor, Xperia Z5 und Co. unter Wasser zu benutzen. Vermutlich will sich der Konzern damit vor durch Wasserschäden entstandene Garantiefälle schützen. Das würde auch erklären, warum alle übrigen Hersteller wasserdichten Smartphones den Rücken gekehrt haben. Schade ist es trotzdem.
Bei Apples 3D Touch könnte das schon anders sein. Wie es bei Apple häufiger der Fall ist, hat der Konzern das Killer-Feature von iPhone 6s und iPhone 6s Plus zwar nicht selbst erfunden. Der Blackberry Storm konnte bereits 2008 zwischen leichtem und festem Druck unterscheiden. Apple hat die Technologie nun aber perfektioniert und tief in das System eingebaut. So wird das Feature tatsächlich vielversprechend, während es beim Huawei Mate S unter dem Namen Force Touch immer noch eher drangetackert wirkt.
Hardware ohne Software-Nutzen
Oft kommt es bei neuen Funktionen eben tatsächlich auf die Umsetzung an - und auf die passende Software. Hier stehen die Hersteller von Android-Geräten vor einem echten Problem: Anders als Apple mit iOS können sie nicht bei Bedarf die grundsätzliche Funktionsweise von Android umkrempeln, selbst, wenn sie die passende Hardware dazu entwickeln würden.
Nur ein anderer Hersteller, der aktuell relevant ist, ist dazu in der Lage: Auch bei Microsoft kommen Soft- und Hardware aus einer Hand. Würde Microsoft ein neues Hardware-Feature tief im System verankern, wäre das deutlich unproblematischer als bei Android-Smartphones. Zur Zeit konzentriert sich Microsoft allerdings auf Innovation auf der Software-Ebene: Mit Continuum wird das Smartphone etwa zum vollwertigen Windows-PC.
Lieber mal auf die Kunden hören
Um echte Begeisterung durch Hardware-Innovation auszulösen, müssten die Hersteller einfach mal auf die eigenen Kunden hören. In der Mehrheit finden die 3D Touch und Konsorten in der Regel nämlich ganz nett, ein echter Kaufgrund sind die Gimmicks aber selten. In einem Bereich wünschen sich aber fast alle einen Durchbruch: Bei der Akkuleistung. Wer als erstes einen Akku patentiert, der nicht nur einen oder zwei Tage, sondern gleich eine ganze Woche aushält, müsste schon verdammt viel falsch machen, daraus keinen Verkaufsschlager zu machen.