Seit Jahren versuchen Android- und iPhone-Fans sich gegenseitig mit vermeintlichen Argumenten zu überzeugen, dass das eine oder andere Ökosystem doch das Bessere sei. Zuvor haben wir die typischen Argumente von Android-Fans gegen das iPhone untersucht, nun haben wir die häufigsten Vorurteile von iPhone-Fans über Android auf den Prüfstand gestellt.
“Android-Smartphones kaufen nur Leute, die sich kein iPhone leisten können”
Stimmte noch nie, ist aber heute weniger wahr als jemals zuvor. Wer so argumentiert, betrachtet sein Smartphone vermutlich in erster Linie als Statussymbol. Das kann man machen, mit objektiven Fakten hat es aber wenig zu tun. Richtig ist: Kauft man sich günstige Smartphones, läuft darauf in der Regel Android. Apple will die sparsamen Kunden nicht, iPhones sind stets im höheren Preissegment angesiedelt. Dass aber alle Android-Smartphones billig seien, ist in Zeiten von edlen Android-Geräten Galaxy S6 Edge Plus und Sony Xperia Z5 eine gewagte These.
“Das sind doch alles Plastikbomber”
Stimmt längst nicht mehr. Gegenüber dem iPhone hatten die Android-Smartphones lange den Ruf, eher billig verarbeitete Ramschware zu sein. Bereits das erste iPhone war aus Metall, sogar die aus Plastik gefertigten Modelle iPhone 3G und 3Gs fühlten sich schick und edel verarbeitet an. Das erste Samsung Galaxy S dagegen punktete ausschließlich über seine Specs, von der tollen Verarbeitung und der ansprechenden Gestaltung eines Galaxy S6 Edge waren Android-Smartphones lange weit entfernt. Heute ist das allerdings anders. Ob das Huawei Mate S, das Sony Xperia Z5 Premium oder sogar das zwei Jahre alte HTC One (M7): Android-Fans haben längst eine große Auswahl an toll verarbeiteten und schick designten Smartphones.
“Android-Smartphones sind Virenschleudern”
Stimmt - aber nur ein kleines bisschen. Im Vergleich zu iOS hat Android sicher ein größeres Sicherheitsproblem. Wer nun aber ein ähnliches Virenproblem behauptet, wie es einst bei Windows XP bestand, übertreibt maßlos. Klar: Durch das offene System, die minimale Kontrolle im Play Store, häufig fehlende Updates und die Möglichkeit, Apps aus unsicheren Quellen zu installieren, ist das System deutlich angreifbarer als Apples Ökosystem. Trotzdem kann man sein Android-Smartphone durchaus ganz normal benutzen, ohne sofort von Erpressungstrojanern, Keyloggern und ähnlichem überrannt zu werden. Etwas vorsichtiger als bei iOS muss man aber natürlich schon sein und etwa Installationen aus dubiosen Quellen ebenso vermeiden, wie das Surfen auf ebenso dubiosen Internetseiten.
“Android-Smartphones sind doch bloß Chinamüll”
Stimmt - zumindest der Teil mit China. Bloß das mit dem Müll ist Quatsch. Schließlich sagt der Produktionsstandort China so gar nichts über die Qualität aus. Denn vom billigsten Klontelefon bis zu iPhone 6s und Galaxy S6 werden sie alle in China gefertigt. Und wer sich heutzutage noch über die chinesischen Hersteller à la Huawei oder Xiaomi auslässt, hat wohl auch schon länger keines von deren Top-Smartphones vom Format eines Huawei Mate S mehr in der Hand gehabt.
“Android-Smartphones sind allesamt iPhone-Klone”
Stimmt - zum Teil. Dass Apple und Chef-Designer Jonathan Ive einen riesigen Einfluss darauf haben und hatten, wie Smartphones heute aussehen, wird wohl niemand verleugnen. Die Zeit, als sämtliche Designer sich am iPhone orientierten, ist aber längst vorbei. Premium-Smartphones wie das HTC One M9, das Galaxy S6 Edge oder das LG G4 haben längst einen eigenen Look, der sich klar vom Design des iPhones abgrenzt.
Auch bei der Software ist der Vorwurf nicht mehr haltbar. Während sich Android am Anfang noch relativ klar an iOS anlehnte, hat Google seinem Mobilsystem mit Material Design längst eine eigene Designsprache verpasst. Manche Hersteller orientieren sich bei ihren Oberflächen allerdings immer noch an Apple. Huaweis EMUI etwa kann die Nähe zu iOS kaum verleugnen.
“Android-Smartphones müssen ewig auf Systemupdates warten - oder bekommen sie nie”
Stimmt leider, wenn auch mit Ausnahmen. Während bei Apple jedes Update sofort für einen Großteil der Geräte bereit steht, ist das bei Android leider immer noch anders. Oft müssen die Nutzer monatelang auf die neueste Version warten, viele Geräte erhalten sie nie. Welche Smartphones etwa das bald erscheinende Android 6 Marshmallow bekommen sollen, erfahrt Ihr hier.
Schuld sind häufig die Oberflächen der Hersteller. Die müssen aufwändig an das neue System angepasst werden. Das größte Problem dieser Situation ist der Sicherheitsaspekt. Viele Geräte laufen bereits beim Kauf auf einer veralteten Android-Version - und werden nie auf einen aktuellen Stand gebracht. Selbst eigentlich geschlossene Sicherheitslücken bleiben so offen. Immerhin: In den vergangenen Jahren hat sich die Situation verbessert, es bekommen nicht mehr nur die Topgeräte das neueste System. Da immer mehr Hersteller auf große Veränderungen im System verzichten, kommen die Updates zudem schneller. Mit der Nexus-Serie wie dem Nexus 5x und den nahe am puren Android angelehnten System von Motorola etwa beim Moto X Play gibt es zudem einige Geräte, die das Update praktisch sofort erhalten. Trotzdem: Die hohe Verbreitung aktueller Betriebssystem-Versionen, wie bei iOS, wird Android wohl nie erreichen.
“Android muss an viel mehr Geräte angepasst werden - und läuft dadurch schlechter als iOS”
Stimmt, wenn auch nicht mehr im selben Ausmaß wie früher. Während Apple sein System immer noch auf eine begrenzte Anzahl von Geräten optimieren muss, sind es bei Android längst Tausende. Allerdings hatte der Vorwurf früher eine größere Bedeutung. Denn bevor das iPad vorgestellt wurde, gab es bei iOS-Geräten tatsächlich eine einzige Auflösung, auch bei der übrigen Hardware waren die Unterschiede überschaubar. Das aktuelle iOS 9 läuft allerdings auch schon auf 19 Geräten aus sechs Generationen - die über sieben verschiedene Display-Größen verfügen. Klar, das kommt nicht mal in die Nähe der zigtausend Android-Variationen. Aber ganz so einfach wie früher ist es für Apple und die iOS-Entwickler eben auch nicht mehr.
“Alle Apps kommen später auf Android und sind dann auch noch schlechter”
Stimmt - teilweise. Während es Apps, die für beide Systeme herauskommen, wegen der ausführlicheren Prüfung im App Store häufig sogar früher für Android gibt, landen Hochkaräter oft später - oder gar nicht - im Play Store. Und wenn sie kommen, ist die Umsetzung auf dem iPhone oft besser gelungen. Dafür gibt es mehrere handfeste Gründe. Zum einen müssen sich die Entwickler auf Android mit einer deutlich höheren Vielzahl von Geräten, Auflösungen und Betriebssystem-Varianten herumschlagen. Das macht die Entwicklung aufwändiger. Zum anderen verdienen sie dann mit der Android-Version oft auch noch weniger Geld - zum Teil deutlich weniger. Die iPhone-Nutzer zahlen häufiger für Apps, auf Android wird das meiste Geld über Werbung eingenommen. Dazu kommt das unter Android-Nutzern deutlich weiter verbreitete Piraterie-Problem. Kein Wunder, dass sich die Entwickler bei der iOS-App häufig mehr Mühe geben. Oder sich die Android-Version eben gleich sparen.
“Android-Smartphones sind vollgestopft mit Bloatware”
Stimmt, zumindest oft. Ja, die Hersteller von Android-Geräten packen den Nutzern gerne zusätzliche Software auf ihr Smartphone. Von vielgenutzten Apps wie WhatsApp bis zu aufgezwungenen Sonderlösungen. Dazu kommt dann meist noch ein ganzes Paket Google-Apps und im Zweifelfall auch noch Microsofts Office-Paket. Löschbar sind die Apps nicht immer, sie stehlen also jede Menge Platz. Allerdings muss man sagen, dass auch Apple immer mehr Apps mitliefert.
“Für Android-Smartphones gibt es kein gutes Zubehör”
Stimmt oft. Während der Markt für iPhone-Zubehör wächst und wächst, sieht das bei Android-Smartphones oft deutlich anders aus. Der Grund liegt auf der Hand: Beim iPhone müssen die Zubehörteile nur mit wenigen Geräten kompatibel sein, die Schnittstellen sind auf allen dieselben. Apple-Jünger scheinen zudem deutlich eher bereit zu sein, für edle Teile auch mehr zu bezahlen - und bringen den Herstellern so schlicht mehr Gewinn.
“Android ist nur der verlängerte Arm der Datenkrake Google”
Stimmt nur zum Teil. Klar, Google hat Android nicht aus Menschenfreundlichkeit entwickelt. Am Ende des Tages will der Konzern auch ein Geschäft machen. Und das heißt bei Google: Werbung. Apple dagegen verdient sein Geld mit Hardware. Wer also ganz auf Datenschutz aus ist, ist bei Apple meist besser aufgehoben.
Aber eben auch nur meistens. Denn das Tolle am offenen System Android ist, dass die Hersteller es ganz nach eigenen Wünschen gestalten können - inklusive der Möglichkeit, auf Googles Dienste und Apps zu verzichten. So basieren abhörsichere Smartphones wie das BlackPhone 2 auch auf Android. Wer nicht gleich ein neues Smartphone kaufen will, kann sich aber auch eine Android-Version flashen, die auch ohne Google-Apps auskommt, etwa das beliebte CyanogenMod.
“Android ist total hässlich”
Stimmt nicht. Während der Vorwurf einer inkonsistenten und nicht besonders hübschen Oberfläche früher tatsächlich haltbar war, hat sich Android in den letzten Jahren optisch drastisch weiterentwickelt. Mit 4.4 Kitkat sah es schon sehr ansehnlich aus, seit 5.0 Lollipop und der Einführung von Material Design ist Android sehr hübsch geworden. Zumindest in der Stock-Version. Denn viele verbinden mit Android vor allem die Hersteller-Oberflächen wie Samsungs Touch Wiz - und die sehen oft nach wie vor anders aus als das “pure” Android. Ob man nun aber Stock-Android oder iOS hübscher findet, ist letztlich Geschmackssache.